Die Rede im Deutschen Bundestag ist eines der wichtigsten Elemente der parlamentarischen Arbeit und sichtbarer Ausdruck unserer Demokratie. Die Arbeit selbst, das Erarbeiten von Gesetzesentwürfen und Anträgen, findet in den „Motoren“ des Parlaments statt, in den Ausschüssen. Am Ende führen jedoch alle Wege ins Plenum. Schließlich ist dieses als Vollversammlung des Parlaments die höchste Instanz des Bundestages, des Volkssouveräns.
Die Meinung bilden sich die Abgeordneten nicht im Plenum. Auch geht es bei den Debatten nicht darum, sich gegenseitig zu überzeugen. Im Plenum soll der Prozess der Meinungsbildung in geraffter Form vor aller Augen und Ohren wiedergegeben werden. Erst danach kommt es zum eigentlichen Beschluss, zur Abstimmung. Man kann sagen, dass die Plenardebatte im Bundestag die Bühne für den öffentlichen Wettstreit der Meinungen ist mit einem Schwur an seinem Ende. Allerdings wird hier nicht mit den Regeln des Theaters gespielt, denn Plenardebatten sind keine folgenlosen Kammerspiele mit Interpretationsspielraum. Hier wird über die Angelegenheiten diskutiert, die uns alle etwas angehen. Rederecht und Redezeit strukturieren die Sitzung und sind nach der jeweiligen Stärke der Fraktionen zugeteilt.
Der Inhalt meiner Rede in der vergangenen Sitzungswoche stand schnell. Zehn Stichpunkte – zu jedem hätte ich ein ausführliches Referat halten können und so wog ich ab, was mir besonders wichtig war. Meine Redezeit war begrenzt auf vier Minuten am Mittwochnachmittag zum Thema „Fortsetzung der deutschen Beteiligung an der internationalen Sicherheitspräsenz in Kosovo (KFOR)“. Dabei habe ich den Schwerpunkt auf den politischen Dialog zwischen Kosovo und Serbien gelegt. Insgesamt war die Debatte für 30 Minuten angesetzt. 30 Minuten, in denen Argumente vorgetragen und bei Widerspruch verteidigt wurden. Es ging um Krieg und Frieden, um Hoffnungen und Erwartungen, und die Zukunft einer jungen Generation, die das Kapital dieser Region ist.
„Das Wort hat der Kollege Peter Beyer“, kündigte der Bundestagspräsident mich an. Während er meinen Namen nannte, schritt ich bereits durch den Plenarsaal zum Rednerpult. Lampenfieber habe ich längst keins mehr – Respekt immer. „Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen“, so beginnt mein Redebeitrag. Dann gehörte mir das Auditorium für vier Minuten – nicht mehr und nicht weniger Zeit, in denen es um Glaubwürdigkeit, Tragkraft meiner Argumente und – ja, auch um Emotionen ging.
Ob gute Redner im Plenum weniger werden? - wie es allgemein kolportiert wird, kann ich nicht konkret mit Ja oder Nein beantworten. Meiner Beobachtung nach, gibt es in Fachdebatten weniger Populismus, weil es sich um die Rede und Gegenrede von Experten handelt. Wer Unterhaltung und geistige Zerstreuung sucht, sucht in der Tat vergebens – Leidenschaft für die Sache und überraschende Angriffe auf den politischen Gegner mit Witz sind aber immer Teil des Geschehens.